• Unter der Lupe:Die LKW-Maut 2024 für leichte Nutzfahrzeuge

    Herr Giese, das Mautgespenst geht um. Ab dem 1. Juli 2024 wird die LKW Maut in Deutschland auch für Fahrzeuge ab einem technischen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen eingeführt – eine bedeutende Änderung in der Mautpflicht für Deutschland. Insbesondere bei Expressdienstleistern sind entsprechende Kleintransporter besonders oft im Einsatz. Wie schätzen Sie die Lage ein?

    Rein auf das Geschäft bezogen, wird es durch die LKW Maut Erhöhung 2024 nicht eine einzige Sonderfahrt weniger geben. Die Nachfrage nach Kurierdiensten und Direktfahrten bleibt bestehen, allerdings werden die zusätzlichen Mautgebühren in Deutschland zwangsläufig auf die Kunden umgelegt. Die wirkliche Herausforderung liegt in den sekundären Effekten der Mauterhöhung.

    Maut ab 3,5 Tonnen – 

    eine Herausforderung auf den zweiten Blick

    Können Sie die indirekten Folgen näher erläutern?

    Besonders kleine und mittlere Fuhrunternehmen stehen vor Schwierigkeiten mit der neuen Mautpflicht in Deutschland. Die Maut wird direkt von den Konten der Unternehmer abgebucht, während die Zahlungsziele mit Auftraggebern oft 30 Tage und mehr betragen. Diese Vorfinanzierung ist riskant, vor allem wenn einmal ein Auftraggeber zahlungsunfähig wird. Hinzu kommen die Repositionierungskosten, also Kosten für Leerfahrten, die durch die Maut weiter steigen. Meiner Erfahrung nach, machen sich Speditionen diesen Punkt oftmals gar nicht bewusst.

    Worin genau besteht die Gefahr bei diesen Entwicklungen?

    Wenn beispielsweise ein LKW in Lübeck entladen wird und in Hamburg eine Rückladung hat, dann müssen diese 70 Kilometer finanziert werden. Der aktuelle Mautsatz für einen 40-Tonner liegt bei etwa 34,8 Cent pro Kilometer. Zahlt der Kunde also beispielsweise 35,0 Cent erscheint dies zunächst zwar angemessen, deckt aber oft nicht die realen Kosten für Zwischenstrecken, Umwege oder Stau. Viele Unternehmer realisieren nicht, dass sie tatsächlich etwa 20% mehr veranschlagen müssen, besonders mit der neuen Mautregelung.

    Mautgebühren in Deutschland: 

    Direkter Einfluss auf Betriebsergebnisse der Fuhrunternehmer

    Rechnen Sie also mit einem erheblichen Einfluss der Maut?

    In wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wenn industrielle Leistungen gering sind und Rückladungen schwer zu finden sind, hat die Maut einen immensen Einfluss auf die Betriebsergebnisse und kann Insolvenzen beschleunigen. Im Expresssegment, wo in der Regel One-Way-Touren stattfinden, verschärft sich diese Situation dadurch zusätzlich.

    Welche neuen technischen Anforderungen kommen auf die Branche zu?

    Jedes Fahrzeug muss bis zum Stichtag mit einer OnBoardUnit ausgerüstet sein, um die Mautgebühren korrekt erfassen zu können. Zwar hat Toll Collect für die Klasse der Fahrzeuge von 3,5t bis 7,5t eigens eine sogenannte„Windshield OBU“ entwickelt, welche den Unternehmern kostenlos und leihweise zur Verfügung gestellt werden soll – die Einbaukosten dafür bleiben aber bei den Unternehmern hängen. Je nach Fahrzeuganzahl können hier beträchtliche Kosten entstehen.

    Maut ab 3,5t bringt neue technische Anforderungen

    Für viele der kleineren Fuhrunternehmen könnte dies eine erhebliche Investition bedeuten, die sie scheuen könnten. Dies könnte besonders osteuropäische Unternehmer treffen, was wiederum die Verfügbarkeit von Fahrzeugen beeinflusst.

    Wie sieht die Zukunft des Marktes aus?

    Kurzfristig könnte die Mauterhöhung 2024 zu einer Verknappung der Transportkapazitäten führen, was sich in höheren Frachtpreisen niederschlagen wird. Nachdem dieser erste Knall verhallt ist, gehe ich aber davon aus, dass sich die Situation innerhalb von 3 bis 6 Monaten wieder relativieren wird. Die traditionell schwachen Sommermonate könnten helfen, diese Übergangsphase zu überbrücken. Langfristig jedoch wird sich die Branche anpassen müssen. Größere Expressdienstleister entwickeln bereits Strategien, um auf die veränderte Nachfrage zu reagieren.”

    Herr Giese, herzlichen Dank für Ihre Einschätzung.

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